Herr Homburg, danke, dass Sie Zeit für uns gefunden haben. Ihre Expertise ist momentan sicher noch mehr gefragt als sonst, weil die Altersvorsorge angesichts der wirtschaftlichen Aussichten noch schwieriger wird. Die Menschen brauchen mehr Geld zum Leben und es bleibt weniger für die Altersvorsorge. Was raten Sie den Menschen? Müssen sie sich bei alltäglichen Dingen einschränken, um die Altersvorsorge leisten zu können?

Danke für die Einladung. Persönlich rate ich Menschen Ihre bestehenden Verträge und Ihre Altersvorsorge von Zeit zu Zeit auf den Prüfstand zu stellen. Dafür ist jetzt genau die richtige Zeit. Prüfen Sie, ob die Verträge sich wie erwartet entwickeln und ob die späteren Auszahlungen noch zu dem passen, was Sie sich an Geld im Alter wünschen. Schauen Sie auch insbesondere darauf, dass Sie nicht alle Beiträge aus bereits versteuertem Einkommen (Ihrem Netto) bezahlen. Das ist ungleich deutlich teurer, als wenn Sie auch Betriebliche Altersvorsorge und staatlich geförderte Verträge ergänzen. Auch diese lassen sich attraktiv mit ETF´s und guten Fondslösungen gestalten.

Wieviel Prozent ihres Einkommens sollten Menschen mit eher schwachen Einkommen aktuell für die Altersvorsorge einplanen? Gibt da einen Richtwert? Was raten Sie?

Hier gibt es keinen pauschalen Wert. Aber gehen Sie mal davon aus das Sie gut und gerne 15 bis 20 % Ihres Einkommens für die Altersvorsorge reservieren sollten. Die Idee dahinter ist einfach. Lieber jetzt nur 80 bis 85 % des Einkommens zum Ausgeben haben, dafür aber ein Leben lang. Und nicht mit 67 nur noch z. B. 50 % von dem was Sie vorher an Einkommen hatten. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und wenn im Alter deutlich weniger Geld zur Verfügung steht, ist das ein großes Problem. 365 Tage Urlaub und viel Zeit stehen dann finanziellen Engpässen gegenüber. Wäre es nicht schöner, lieber jetzt ein wenig Verzicht zu üben, aber dann im Alter die schöne Zeit richtig genießen zu können?!

Ist die Altersvorsorge auch direkt von der Inflation betroffen. Ich meine sind meine Beiträge weniger wert, so dass ich im Alter weniger Geld rausbekomme?

Es kommt auf die Investition an. Geldwerte wie Sparbücher, Lebensversicherungen, Festgelder, Bausparverträge und Bargeld leiden extrem unter Inflation. Sie verlieren zurzeit bis zu 7,5 % an Kaufkraft pro Jahr. Inflationsunterstützte Anlagen wie Aktien, Rohstoffe oder Immobilien können die höheren Preise auf ihre Kunden und Mieter zumindest teilweise umlegen. Von daher bieten sie auch den besten Inflationsschutz und verringern die Problematik, im Alter weniger Kaufkraft zu haben.

Stichwort Null-Zins-Politik und fallende Kurse an der Börse. Es soll demnächst wieder Zinnsteigerungen geben, aber noch ist von EZB nichts Konkretes zu hören und wenn dürfte es nur eine schwache Erhöhung geben, um die verschuldeten Eurostaaten nicht in Gefahr zu bringen. Bleibt uns aktuell nur das erhöhte Börsenrisiko in Kauf zu nehmen oder gibt es noch sicherer Anlagestrategien für die Altersvorsorge?

Zinssteigerungen sind nur sehr schwer durchsetzbar. In erster Linie würde der gesamte Renten- auch Bondsmarkt darunter zusammenbrechen. Die Staatsverschuldungen in den entwickelten Staaten ist so hoch, dass in Sachen Zinssteigerung nur wenig Spielraum ist. Aktuell sind Anleger gut bedient 2 Tipps zu beherzigen:

  1. Alles was monatlich (bzw. ratierlich) angelegt wird, kann ruhig voll in Aktien, Rohstoffe, Edelmetalle und Immobilien gehen. Denn, selbst wenn die Kurse brechen, kaufen Sie besonders günstig ein. Das nennt sich Cost Avarage Effekt. Sie kaufen umso mehr Anteile, wenn die Kurse runtergehen.

  2. Alles was an Vermögen bereits aufgebaut ist, gilt es vor größeren Verwerfungen zu schützen. Hier würde ich auf Vermögenssicherungs-Fonds setzen. Das sind Fonds die auch von fallenden Aktienmärkten profitieren und Absicherungsstrategien fahren. Die sind zwar ungleich teurer als ein ETF, aber hier geht es vor allem darum sein Vermögen vor großen Rückschlägen wie 2008 zu schützen und trotzdem Zinsen zu kassieren. Wenn dann die Kurse massiv fallen, können Sie wieder nach und nach in Ihre Wunschanlageklasse (z. B. Aktien) switchen.

Viele Menschen haben auch eine sogenannte Versorgungslücke. Raten Sie eher dazu diese zum jetzigen Zeitpunkt angesichts der Inflation auszugleichen, auch wenn es jetzt ein bisschen enger im Geldbeutel ist, oder würden Sie das eher in der momentanen eher aufschieben.

Ich rate Ihnen, mehr auf staatliche Förderung zu setzen und weniger aus dem Netto zu machen. Das spart Geld. Zusätzlich optimieren Sie Ihre Anlagen, indem Sie die laufenden Kosten kontrollieren. Wenn Sie diese nur um 1 % senken können, dann heißt das bei 30 Jahren Anlagedauer einen 5stelligen Mehrbetrag an Ablaufleistung. Das heißt mehr Rendite für den gleichen Einsatz. Das ist besser als immer mehr aus dem Netto aufwenden zu müssen.

Haben Sie vielleicht noch einen persönlichen Tipp in Sachen Altersvorsorge, den jeder befolgen kann?

Ja, investieren Sie in sich selbst. In Ihre Weiterbildung, in Ihre Persönlichkeit und in Ihre Skills. Das ist mit Abstand die beste Form der Altersvorsorge. Denn dann werden Sie immer maximal interessant und wertvoll für Ihren Arbeitgeber und/oder Ihre Kunden sein. Damit lässt sich ein höheres Einkommen erzielen, was wiederrum die Rücklagen für die Altersvorsorge erleichtert.

Danke für Ihre Zeit und das Gespräch.

Über den Autor:
Dieter Homburg ist Masterconsultant in Finance (MFC©) und gründete bereits im Alter von 21 Jahren sein erstes Beratungsunternehmen mit dem Schwerpunkt Altersvorsorgeplanung. Heute schreibt er für den Focus, gibt Finanztipps im Fernsehen und berät Menschen, wie sie finanziell sicher in Rente gehen können.